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Auslieferungsersuchen aus der Türkei waren immer hoch problematisch aber seit dem Putschversuch vom 15.07.2016 ist in der Türkei eine ganz besondere Situation eingetreten. Für Rechtsanwälte in Auslieferungsverfahren ist die Verteidigung gegen Auslieferungsersuchen aus der Türkei sogar einfacher geworden, die Tendenz der meisten Gerichte geht dahin, gegenwärtig an die Türkei nicht auszuliefern aber trotzdem ist Vorsicht geboten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die in Auslieferungsverfahren zuständigen Oberlandesgerichte eine Auslieferung nicht für zulässig erklären, wenn der Verfolgte eine Strafe zu erwarten oder zu verbüßen hat, die mit völkerrechtlichen Mindeststandards oder mit unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen unvereinbar ist.
Generell geht es in Auslieferungsverfahren mit Nichtmitgliedstaaten der EU vor allem um die verfassungsrechtlich gebotene Sachaufklärung und um die Begründungstiefe gerichtlicher Entscheidungen.
Bzgl. der Türkei sind die zu erwartenden Haftbedingungen mehr als zweifelhaft und es geht regelmäßig auch darum, dass dem Verfolgten eine politische Straftat (Art. 3 Abs. 1 EuAlÜbk, § 6 Abs. 1 IRG) vorgeworfen wird, die entweder unmittelbar dem Staatsschutzstrafrecht zuzuordnen ist (Vorwurf der Mitgliedschaft in der PKK) oder es geht um vordergründig allgemein-kriminelle Straftaten, wobei das Auslieferungsersuchen trotzdem eine politische Zielrichtung verfolgt.
Klar sollte sein, dass eine Auslieferung nicht für zulässig erklärt werden kann, wenn ein Auslieferungsersuchen wegen einer nach allgemeinem Strafrecht strafbaren Handlung gestellt worden ist, um eine Person aus politischen Erwägungen zu verfolgen oder zu bestrafen (Art. 3 Abs. 2 EuAlÜbK, § 6 Abs. 2 IRG), oder wenn der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung nicht mit einem fairen Verfahren rechnen (Art. 6 MRK).
Was die Gefahr menschenrechtswidriger Haftbedingungen angeht (Stichwort: Überbelegung von Haftanstalten), wird teilweise mit einzelfallbezogenen Zusicherungen operiert, die aber m.E. Bedenken kaum belastbar ausräumen können.
In unserem Fall bei dem Oberlandesgericht Köln zeichnet sich die Entscheidung dadurch aus, dass mir sehr sorgfältiger Begründung (6 AuslA 70/16 - 58) dargelegt wird, dass einer Auslieferung von Deutschland an die Türkei zur Zeit ein Auslieferungshindernis entgegensteht. Dabei wog der Vorwurf gegen unseren Mandanten schwer: Die Türkei verlangte von Deutschland die Auslieferung zur Strafvollstreckung, nachdem unser Mandant bereits in der Türkei wegen versuchten Mordes zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
In dem gerichtlichen Auslieferungsverfahren in Köln haben wir geltend gaemacht, dass die Haftbedingungen in der Türkei spätestens seit dem Putschversuch vom 15.07.2016 nicht mehr den nach der Menschenrechtskonvention vorauszusetzenden Mindeststanforderungen entsprechen. Ein Münchener Kollege hat mir etwa zeitgleich auch eine Entscheidung des OLG München (1 AR 252/16) zugeschickt, das seinerseits die Haftbedingungen in der Türkei scharf kritisiert hat. Bemerkenswert ist, dass die türkischen Strafverfolgungsbehörden trotz entsprechender Aufforderung durch die deutsche Justiz in unserem Fall nicht einmal mehr den Versuch unternahmen, das Auslieferungshindernis durch völkerrechtlich verbindliche Erklärungen oder Zusicherungen auszuräumen, nämlich in Bezug auf die den Verfolgten in der Türkei erwartenden Haftbedingungen.
In einem anderen Verfahren beim Oberlandesgericht Düsseldorf (III-3 AR 195/15), in dem unser Mandant zweitweise sogar in vorläufiger Auslieferungshaft gesessen hat, haben die türkischen Strafverfolgungsbehörden am 26. Januar 2017 das Auslieferungsersuchen zurückgenommen. Die Rücknahme des türkischen Auslieferungsersuchens ist im Zusammenhang mit dem in der Türkei am 23. Juli 2016 erlassenen Amnestiegesetz zu sehen.
Inzwischen hat auch das Bundesverfassungsgericht eine vom OLG Hamm (Beschl. v. 10.09.2019 - III-2 Ausl 15/19) schon beschlossene Auslieferung an die Türkei mit einer einstweiligen Anordnung vom 25.10.2019 (BVerfG - 2 BvR 1832/19) angehalten, nachdem der Verfolgte - ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit - geltend gemacht hat, dass er bei einer Auslieferung an die Türkei politischer Verfolgung und unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt sein würde. Außerdem hat er systemische Defiziten in der türkischen Justiz und im türkischen Strafvollzug aufgezeigt. Und der Verfolgte machte auch hier geltend, dass die von der Türkei abgegebenen Zusicherungen nicht belastbar sind.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. - Düsseldorf