Auslieferung an die Niederlande

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Eine Auslieferung an die Niederlande kann auf der Basis eines Europäischen Haftbefehls erfolgen. Deutschland und die Niederlande unterhalten einen regen Auslieferungsverkehr in beide Richtungen. Auch deutsche Staatsangehörige können auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls zur Strafverfolgung – nicht zur Strafvollstreckung - in die Niederlande ausgeliefert werden. 

Europäischer Haftbefehl aus den Niederlanden

Die Untersuchungshaft beantragt in den Niederlanden die Staatsanwaltschaft bei dem Untersuchungsrichter, der für den Erlass eines Haftbefehls einen begründeten Tatverdacht voraussetzt. Für terroristische Straftaten gibt es in den Niederlanden inzwischen erleichterte gesetzliche Voraussetzungen für die Untersuchungshaft von maximal zwei Jahren. Der Erlass eines Haftbefehls setzt in den Niederlanden Fluchtgefahr voraus oder alternativ eine große Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Dauer der Untersuchungshaft wird am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemessen und darf nicht fortdauern, wenn sie die zu erwartende Strafe überschreitet. Mein Erfahrungsaustausch mit niederländischen Kollegen zeigt, dass in den Niederlanden die Untersuchungshaft relativ schnell angeordnet wird, wenn man das mit anderen EU-Staaten vergleicht.

Für das Auslieferungsersuchen an andere Länder ist ein Haftbefehl erforderlich, der von der Rechtbank erlassen wird, vergleichbar einem Landgericht in Deutschland.

Für die Untersuchungshaft in den Niederlanden gilt, dass diese nach Abschluss der Ermittlungen innerhalb von drei Monaten zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung führen muß. Zeitliche Grenzen von drei Monaten und sechs Monaten führen jedenfalls zu einer Überprüfung.

Das niederländische Strafprozessrecht ist mit dem deutschen Recht vergleichbar insofern, als es auch die Außervollzugsetzung der Untersuchungshaft kennt. In dem Zusammenhang gibt es auch Auflagen, wie Meldepflichten, Kontaktverbote oder die Erbringung einer Kaution. Nach Berichten der niederländischen Kollegen wird die Kaution in der Praxis aber relativ selten verlangt. Im übrigen kennt das niederländische Recht aber auch ein differenziertes System von Rechtsmitteln gegen den Haftbefehl.

Während eines Auslieferungsverfahrens hat der Verfolgte in den Niederlanden gute Chancen, von der Auslieferungshaft verschont zu werden. Die vorangegangene Haftverschonung in den Niederlanden ist im Falle einer Auslieferung an Deutschland ein gutes Argument, um auch hier dann eine Haftverschonung zu erwirken.

Abwesenheitsurteil in den Niederlanden

In den Niederlanden kann ein Abwesenheitsurteil ergehen, wenn der ordnungsgemäß geladene Angeklagte zur Hauptverhandlung nicht erscheint. In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß es in den Niederlanden, ähnlich wie in Deutschland, Einwohnermeldepflichten gibt und daß die gemeldeten Adressen maßgeblich sind für die Zustellung von Ladungen.

Für Rechtsmittel gegen Abwesenheitsurteile gelten Fristen. Diese laufen regelmäßig 14 Tage nach dem Zeitpunkt ab, an dem der Verurteilte von dem Abwesenheitsurteil Kenntnis erlangt hat. In diesem Zusammenhang gibt es aber eine an den niederländischen Zustellungsvorschriften orientierte Praxis, so daß hier unbedingt die Hinzuziehung eines niederländischen Rechtsanwaltes erforderlich ist, um eine verbindliche Fristberechnung gewährleisten zu können.

Straftaten verjähren in den Niederlanden je nach Höhe der Strafe in 3, 6, 12 oder 20 Jahren. Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch dort besondere Verjährungs-Regeln für Sexualdelikte an Minderjährigen. Lebenslange Freiheitsstrafen und sehr hohe Freiheitsstrafen von mehr als 12 Jahren verjähren nicht. Die Vollstreckungsverjährung ist grundsätzlich länger als die Verfolgungsverjährung. Ein Gnadengesuch ist an den König zu richten.

Zu erwähnen ist, daß die Niederlande im Falle zu unrecht erlittener Untersuchungshaft wesentlich höhere Entschädigungen bezahlen, als das deutsche Strafrechtentschädigungsgesetz das vorsieht.

OLG München (Beschluss vom 03.03.2016 ) zur Auslieferung an die Niederlande, insbesondere zur Anerkennung von Abwesenheitsverfahren.

OLG Oldenburg: Nach der Handhabung der Niederländischen Justiz kommt in Ansehung dieses Vorbehalts die Auslieferung eines niederländischen Staatsangehörigen zudem nur unter der weiteren Bedingung in Betracht, dass sich der um Auslieferung ersuchende Staat auch mit dem so genannten Umwandlungsverfahren im Sinne von Art. 11 des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen (BGBl II 1991, 1012) einverstanden erklärt (vgl. auch Schomburg u. a., Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Auflage, Rdn. 4 zu Art. 6 EuAlÜbk.). Eine vom Senat im Verfahren HEs 14/06 im Jahre 2006 durchgeführte Rückfrage bei der für Auslieferungen zuständigen Stelle im Niedersächsischen Ministerium der Justiz hat ergeben, dass bei der Anwendung des Umwandlungsverfahrens durch die niederländischen Behörden die in Deutschland verhängte Strafe in eine niederländischen Vorstellungen entsprechende angemessene Strafe umgewandelt wird, die erfahrungsgemäß - und zwar gerade bei sogenannten Weichdrogendelikten - eine nach deutschem Recht als tat und schuldangemessen angesehene Strafe ganz erheblich unterschreitet (OLG Oldenburg, Beschluss vom 04.11.2009).

 

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