19. October 2016

Gibt es ein Auslieferungsabkommen ?

Bei meiner Arbeit wurde ich zuletzt heute gefragt, ob Deutschland ein Auslieferungsabkommen mit einem bestimmten Land hat, heute waren es die  USA. Deshalb habe ich mich spontan entschlossen, die oft gestellte Frage nach dem Auslieferungsabkommen hier allgemein zu beantworten.

Die meisten fragenden Leute meinen, für die Frage an welches Land Deutschland ausliefert oder welches Land sie im Falle der Flucht wieder an Deutschland (zurück-) ausliefert oder nicht, käme es eben entscheidend darauf an, ob Deutschland ein Auslieferungsabkommen mit dem Zielland hat oder nicht.

Braucht es ein Auslieferungsabkommen ?

Wer so fragt hat eigentlich sogar Recht mit der Frage nach dem Auslieferungsabkommen, aber es ist doch etwas anders. Denn zweiseitige Auslieferungsabkommen, auch bilaterale Verträge genannt, spielen im deutschen Auslieferungsverkehr nicht die allergrößte Rolle mehr. Die deutsche Regierung hat zwar mit einer Vielzahl von Staaten zweiseitige Verträge auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe abgeschlossen, aber die Frage, wer an wen ausliefert, wird heute weitestgehend von internationalen Übereinkommen zwischen einer großen Zahl von Mitgliedsstaaten bestimmt und zweiseitige Verträge zwischen zwei Staaten gibt es nur an der Peripherie.

Wenn ich also so gezielt gefragt werde, ob Deutschland ein Auslieferungsabkommen mit einem bestimmten Land hat oder mit welchem Land Deutschland denn kein Auslieferungsabkommen hat, ist meine Standardantwort: Kein Auslieferungsabkommen hat Deutschland nur noch mit Ländern, in die Sie nicht reisen wollen.

Wer es genauer wissen will, erfährt als erstes, dass Auslieferungsrecht zur sog. „Internationalen Rechtshilfe in Strafsachen“ gehört, die deshalb notwendig ist, weil die Souveränität der Staaten der Vornahme eigener Amtshandlungen auf dem Gebiet eines anderen Staates entgegensteht. Kein Staat darf in einem anderen Staat Ermittlungs-Maßnah­men oder Verhaftungen vornehmen, es bedarf der Mitwirkung durch den ausländischen Staat im Wege der internationalen Rechtshilfe.

Die Rechtshilfe ist sicher manchmal schwerfällig und langwierig, aber es hat in den letzten Jahren Initiativen - insbesondere auf EU-Ebene - gegeben, die auf eine Ver­einfachung und Beschleunigung der internationalen Rechtshilfe abzielen.

Rechtshilfe wird von dem „Ersuchten Staat“ für ein ausländisches Strafverfahren gewährt. In Deutschland richtet sich der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Die Rechtshilfe ist etwas anderes als die rein innerstaatliche Amtshilfe (vgl. §§ 156-168 GVG). Zur internationalen Rechtshilfe gehören drei Bereiche, nämlich :

Zurück zur Frage nach dem Auslieferungsabkommen - Grundlagen der internationalen Rechtshilfe

Es ist im Rechtshilfe-Ver­kehr mit einem bestimmten Staat gar nicht immer leicht, den Überblick über die anwendbaren Rege­lungen zu gewinnen und da ist sie wieder, die Frage nach dem Auslieferungsübereinkommen, nämlich ob mit dem Staat eine völkerrechtliche Übereinkunft über die gegenseitige Leistung von Rechtshilfe in Auslieferungsfällen (Auslieferungsabkommen) getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung ist für die meisten Staaten in Form eines in­ternationalen Übereinkommens geschlossen worden, das für alle Beitritts­-Staaten anwendbar ist. Außerdem kann in Einzelfällen ein zweiseitiger Vertrag vorliegen und Rechtshilfe kann auch auf vertragsloser Grundlage geleistet wer­den.

Internationale Übereinkommen

In den Blick zu nehmen sind die internationalen Übereinkommen, die den Auslieferungs-Ver­kehr oder den Rechtshilfeverkehr oder die Vollstreckungshilfe betreffen, insbesondere Übereinkommen des Europarates und der EU. Besonders praxisrelevant sind zunächst die Übereinkommen des Europa­rates, die häufig nicht nur von den 47 Mitgliedstaaten gezeichnet wurden, son­dern auch zum Beitritt von Nicht-Mitgliedstaaten aufgelegt wurden.

Exkurs: Der Europarat ist die 1949 durch den Vertrag von London gegründete und heute 47 Staaten umfassende europäische internationale Organisation mit Sitz in Straßburg, die sich zur Aufgabe gemacht hat, einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen und durch Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern. Der Europarat ist institutionell nicht mit der europäischen Union verbunden und auch nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat (dem Organ der Staats- und Regierungschefs) und dem Rat der Europäischen Union. Der Europarat sieht es als ein Hauptzielan, einen gemeinsamen demokratischen und rechtlichen Raum auf dem gesamten Kontinent zu schaf­fen.

Der Europarat hat deshalb auch grundlegende Rechtshilfeübereinkommen geschaffen, die man in der jeweils aktuellsten Form auf der Internetseite des Europarates finden kann.

Das Europäische Auslieferungs-Übereinkommen

Von diesen Europarats-Übereinkommen, interessiert uns für das Auslieferungsrecht vor allem das Europäische Auslieferungs-Übereinkommen vom 13.12.1957 (EuAlÜbk), das durch das 2. Zusatzprotokoll (2. ZP-EuAlÜbk) vom 17.3.1978 ergänzt wird und alle Beitrittsstaaten zur Auslieferung zur Strafverfol­gung oder zur Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel verpflichtet. Die tatsächliche Bedeutung des EuAlÜbk erschließt sich vor allem dann, wenn man sieht dass dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen nicht nur alle Mitgliedstaaten des Europarats angehören sondern auch zahlreiche andere Staaten weltweit wie Israel, Korea und Südafrika, um nur die wenigsten zu nennen (vgl. im übrigen die Länderliste auf auslieferungsverfahren.de). 

Für die Leistung von sonstiger Rechtshilfe wurde daneben das Europäische Übereinkommen vom 20.4.1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen, das Eurropäische Rechtshilfeübereinkommen – EuRhÜbk geschlossen, das durch das Zusatzprotokoll (ZP-EuRhÜbk) vom 17.3.1978 ergänzt wird und die allgemeine Verpflichtung zur Leistung von sonstiger Rechtshilfe enthält.

Die Vollstreckung einer in ei­nem anderen Staat verhängten Freiheitsstrafe regelt das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983 (ÜberstÜbk), das durch das Zusatzprotokoll vom 18.12.1997 (ZP-ÜberstÜbk) ergänzt wird.

Außerdem gibt es Übereinkommen, das auf die Bekämpfung einer bestimm­ten Krirninalitätsforrn gerichtet sind, wie das Europäische Geldwäsche-Übereinkommen - EuGeldwäscheÜbk vom 8.11.1990.

Auslieferungsverkehr innerhalb der EU - der Europäische Haftbefehl

Innerhalb der EU wurde durch den Europäischen Haftbefehl die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen auf eine neue Grundlage gestellt.

Bilaterale Verträge

Die deutsche Regierung hat mit einer Vielzahl von Staaten zweiseitige Verträge geschlossen, die die gegenseitige Leistung von Rechts­hilfe bei Auslieferun­gen, Vollstreckungshilfe und sonstiger Rechtshilfe regeln, beispielsweise mit den Vereinigten Staaten von Amerika, der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China.

Ohne Auslieferungsabkommen: Vertragslose Rechtshilfe

Das Fehlen einer vertraglichen Grundlage bzw. eines Auslieferungsabkommens bedeutet nicht, dass Rechtshilfe bei Auslieferungen mit einem bestimmten Staat gar nicht infrage kommt. Rechtshilfe kann auch ohne vertragliche Grundlage geleistet werden und Insider sagen, dass das im vertragslosen Bereich manchmal unkomplizierter und schneller geht als bei vertraglich gebundenen Staaten.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)

Die wichtigste innerstaatliche Rechtsgrundlage für das Auslieferungsrecht – insbesondere für eingehende Auslieferungsersuchen - ist das Gesetz über die interna­tionale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), das auch in die drei Be­reiche Auslieferungen, Rechtshilfeverkehr und Vollstreckungshilfeverkehr aufgeteilt ist. Außerdem gelten die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt) als bundeseinheitlich gleichlautende Verwaltungsvorschrift. Die RiVASt enthält umfassende Richtlinien für den Umgang mit ein- und aus­gehenden Ersuchen.

 


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