Auslieferung an Kosovo

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Eine Auslieferung aus der Bundesrepublik Deutschland an Kosovo ist auf vertragsloser Grundlage möglich, auch wegen fiskalischer Straftaten ist eine Auslieferung an Kosovo nicht von vornherein ausgeschlossen. Auslieferungsersuchen werden auf dem diplomatischen Geschäftsweg übermittelt.

Man muss im Zweifel davon ausgehen, dass im Zusammenhang mit der Auslieferung an Kosovo die Fahndung via Interpol zur Anordnung vorläufiger Auslieferungshaft in Deutschland genügt.

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 25.05.2016 - 1 AK 144/15) zur Auslieferung an den Kosovo, insbesondere zur Auslieferung des Verfolgten in die Republik Kosovo zum Zwecke der Strafvollstreckung. Die Auslieferung an den Kosovo wurde mit der Maßgabe für zulässig erklärt, dass 1. die Bewilligungsbehörde im Bewilligungsverfahren die Republik Kosovo ausdrücklich darauf hinweist, dass der Verfolgte im vorliegenden Auslieferungsverfahren angegeben hat, er fürchte im Falle der Überstellung in die Republik Kosovo aufgrund drohender „Blutrache“ um sein Leben; 2. die Republik Kosovo vor Überstellung des Verfolgten ausdrücklich zusichert, die Vollstreckung der gegen den Verfolgten durch das Urteil des Grundgerichts in S. vom 26. November 2013 sowie das Urteil des Berufungsgerichts W. vom 07. März 2014 verhängten und noch zur Vollstreckung anstehende Restfreiheitsstrafe ausschließlich in der Justizvollzugsanstalt D. der Gemeinde P. zu vollstrecken; 3. die Republik Kosovo vor Überstellung des Verfolgten ausdrücklich zusichert, Angehörigen der deutschen Auslandsvertretung in P. Besuche des Verfolgten in der Justizvollzugsanstalt D. der Gemeinde P. zu gestatten.

OLG Hamm: In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall ging es um die Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland in die Republik Kosovo zur Strafverfolgung wegen Mordes. Das Verfahren wurde von der „Vereinigten Nationen Interimsverwaltungsmission im Kosovo“ (UNMIK) betrieben. Der Verfolgte wurde trotz des massiven Vorwurfs vom OLG Hamm ((2) 4 AuslA 90/07 (256/09) zwei Wochen nach der Festnahme in Dortmund auf freien Fuß gesetzt, da er glaubhaft machen konnte, dass eine Fluchtgefahr nicht gegeben war. Das OLG Hamm entschloss sich – was in Auslieferungsverfahren selten genug vorkommt – zu einer eigenen Tatverdachtsprüfung und stellte später dazu folgenden Leitsatz auf:

Eine Prüfung des hinreichenden Tatverdachts ist im Auslieferungsverkehr nach dem europäischen Auslieferungsübereinkommen (EuAlÜbk) grundsätzlich ausgeschlossen. Sind der Sachverhaltsdarstellung jedoch keine zureichenden tatsächlichen Feststellungen zu entnehmen, die für die Täterschaft des Verfolgten an der ihm zur Last gelegten Taten sprechen, so ist eine Tatverdachtsprüfung ausnahmsweise angezeigt .... und führt (im vorliegenden Fall) zur Unzulässigkeit der Auslieferung“.

In der Begründung des Beschlusses hieß es später sogar:

„Aufgrund der nunmehr vorliegenden Unterlagen ergibt eine Verdachtsprüfung, dass eine unrechtmäßige Verfolgung vorliegt.

. . . . Aus diesen Feststellungen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Verfolgte lediglich Opfer und nicht Täter der betreffenden Tat war. Die UNMIK ist nach Übermittlung dieses Urteils durch den Verteidiger des Verfolgten um ergänzende Angaben zur Tatbeteiligung des Verfolgten gebeten worden. Mit Erlass vom 30. Juni 2009 hat das Justizministerium NW ein auf den dafür vorgesehenen Geschäftsweg übermitteltes förmliches Auslieferungsersuchen der Republik Kosovo vom 10. Juni 2009 übermittelt, mit dem das Auslieferungsersuchen der UNMIK aufrechterhalten bzw. erneuert worden ist. Die dem Ersuchen beigefügten Auslieferungsunterlagen sind jedoch lediglich mit den hier bereits vorliegenden Unterlagen identisch und enthalten entgegen der erbetenen Stellungnahme zu dem Urteil des Gerichts in Pristina keine weiteren Fakten.

Die Auslieferung des Verfolgten ist daher aufgrund der übermittelten Auslieferungsunterlagen unzulässig, da der Sachverhaltsdarstellung keine zureichenden tatsächlichen Feststellungen zu entnehmen sind, die für die Täterschaft des Verfolgten an der ihm zur Last gelegten Tat sprechen“. - OLG Hamm ((2) 4 AuslA 90/07 (256/09)

 

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